Inhaltsverzeichnis
- Bußgeldverfahren - Allgemeines
- Bußgeldverfahren Grundsätze
- Verwaltungsbehörde als Verfolgungsbehörde
- Anwendung der Strafvorschriften
- Grundsatz der Opportunität
- Ablauf
- Zuständigkeit für Bußgeldverfahren
- Vorverfahren
- Anhörung im Bußgeldverfahren - ignorieren oder zurücksenden?
- Zwischenverfahren
- Hauptverfahren
- Zusammenfassung Ablauf des Bußgeldverfahren
- Einspruch / Frist
- Verjährung
- Bußgeldverfahren - Kosten
Bußgeldbescheid und Bußgeldverfahren (© Stockfotos-MG / Fotolia.com)
Das Bußgeldverfahren ist ein Verfahren zur Ahndung von Ordnungswidrigkeiten in Deutschland. Seine Vorgehensweise ist im Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) geregelt.
Bußgeldverfahren - Allgemeines
In der Praxis ist das Bußgeldverfahren von sehr großer Bedeutung.
Das Bußgeldverfahren beschränkt sich nicht lediglich auf die Verfolgung und Ahndung von Verstößen im Straßenverkehr. Verfolgt und geahndet werden u.a. auch Rechtsverstöße im Wasserrecht, Tierschutzrecht, im Rahmen des Gesetzes zur Bekämpfung von Schwarzarbeit oder auch im Bereich Naturschutz, Vereins- und Versammlungsrecht, ferner im Pass- Ausweis- und Meldewesen. Nach § 17 Abs. 1 OWiG beträgt das Bußgeld mindestens 5 Euro und maximal 1000 Euro, wenn das Gesetzt nichts anderes bestimmt. Allerdings sehen andere Gesetze eben durchaus Bußgelder vor, die weit über 1000 Euro liegen, z.B. im Bereich des Wasserrechts oder im Umweltrecht, wo auch Bußgelder in Höhe von 10.000 oder gar 50.000 Euro verhängt werden.
Bußgeldverfahren Grundsätze
Verwaltungsbehörde als Verfolgungsbehörde
Der Gesetzgeber sieht Ordnungswidrigkeiten als Gesetzesverstöße an, die er jedoch als nicht so erheblich ansieht. Diese sollen daher nicht durch strafgerichtliche Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet werden, sondern lediglich mit einer Geldbuße, die eine Verwaltungsbehörde verhängt.
Wegen des geringen Unrechtsgehalts bedarf somit die Ahndung einer Ordnungswidrigkeit nicht die Durchführung eines gerichtlichen Strafverfahrens. Dies hat mehrere Vorteile. Zum einen wird das Verfahren beschleunigt und vereinfacht und zugleich die Justiz entlastet. Das Ansehen des Betroffenen wird anders als beim Strafverfahren nicht beeinträchtigt. Ihm bleiben somit die Nachteile eines Strafverfahrens erspart. Wenn der Betroffene allerdings mit der Entscheidung der Verwaltungsbehörde nicht einverstanden ist und dagegen frist- und formgerecht vorgeht, findet eine gerichtliche Kontrolle doch statt.
Anwendung der Strafvorschriften
Im Bußgeldverfahren werden dennoch die allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren angewendet. So besagt § 46 Abs. 1 OWiG, dass für das Bußgeldverfahren, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung (StPO), des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) und des Jugendgerichtsgesetzes (JGG), gelten.
Grundsatz der Opportunität
Im Bußgeldverfahren gilt der Opportunitätsgrundsatz. Dieser besagt, dass die Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde liegt (vgl. § 47 Abs. 1 OWiG) und diese berechtigt ist, von der Verfolgung der Ordnungswidrigkeit abzusehen, wenn sachliche Gründe dies rechtfertigen. Als sachlicher Grund kommt in Betracht z.B. geringe Schuld oder mangelndes öffentliches Interesse. Im Strafrecht hingegen gilt grundsätzlich das Legalitätsprinzip. Dieses kann aber in gesetzlich bestimmten Fällen vom Opportunitätsgrundsatz durchbrochen werden.
Ablauf
Zuständigkeit für Bußgeldverfahren
Bei Verstößen gegen unterschiedliche Gesetze können ein Bußgeldverfahren anstrengen:
- Verwaltungsbehörden,
- Staatsanwaltschaften,
- Amtsgerichte mit ihren Abteilungen für Bußgeldverfahren,
- Landgerichte mit ihren entsprechenden Kammern,
- das Oberlandesgericht
- und der Bundesgerichtshof mit seinen Senaten für Bußgeldverfahren.
Vorverfahren
Das Bußgeldverfahren beginnt mit dem sogenannten "Vorverfahren". Die zuständige Verwaltungsbehörde wird gemäß §§ 53 bis 64 OWiG, gleichlaufend mit dem Ermittlungsverfahren der StA in § 158 bis 169a StPO, den Sachverhalt überprüfen. Bei der Sammlung der Tatbestände und Beweise gelten auch die Beweisverwertungsverbote der StPO. Der Betroffene hat in diesem Stadium (Vorverfahren) im Übrigen keinen Rechtsanspruch auf irgendwelche Informationen über das Verfahren noch auf seine Anwesenheit bei der Aufnahme der Beweise.
Die Erkenntnismittel der Verwaltungsbehörde sind im OwiG nicht näher dargelegt. Förmliche Beweismittel sind Zeugen, Sachverständige, Augenschein, Urkunden und auch Einlassungen des Betroffenen. Das Zeugnis vom Hörensagen ist nach § 47Abs.1 OWiG in Verbindung mit §§ 48 f. StPO zulässig.
Das Vorverfahren dient der Aufklärung und Prüfung, ob eine Ordnungswidrigkeit begangen worden ist. Zudem geht es darum, zu entscheiden, ob und wie auf eine begangene Ordnungswidrigkeit reagiert werden soll. Auch die Einstellung des Verfahrens wird dabei herangezogen. Aber vor allem auch, ob in das Ver-warn(geld)verfahren übergegangen werden soll. Wenn das Vorverfahren nicht durch Einstellung oder durch Verwarnung des Betroffenen endet, so geht es in den Erlass eines Bußgeldbescheids über.
Anhörung im Bußgeldverfahren - ignorieren oder zurücksenden?
Im Rahmen des Vorverfahrens erhält der Betroffene Gelegenheit sich zum Vorwurf zu äußern. Meist erhält er einen sogenannten Anhörungsbogen. Ihm steht es dabei frei, sich zur Sache zu äußern oder nicht. Der Betroffene hat also das Recht zu schweigen. Er hat aber auch das Recht einen Rechtsanwalt zu beauftragen, der sich um die weitere Vorgehensweise kümmert.
JuraForum-Tipp: Nach Erhalt des Anhörungsbogens sollte man keine Angaben gegenüber der Behörde machen. Man sollte einen Rechtsanwalt für Strafrecht bzw. Ordnungswidrigkeitenrecht einschalten. Dieser wird zunächst Einsicht in die Ermittlungsakte nehmen und danach mit dem Betroffenen entscheiden, ob es Sinn macht, eine Stellungnahme abzugeben oder ob man weiter schweigen sollte.
Zwischenverfahren
Wenn die Behörde einen Bußgeldbescheid erlässt und der Betroffene damit nicht einverstanden ist, hat er das Recht dagegen innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Einspruch einlegen. Danach prüft die Die Verwaltungsbehörde, ob der Einspruch form- und fristgerecht eingegangen ist, sprich ob dieser zulässig ist. Wenn dies der Fall ist, prüft die Behörde, ob sie den Bußgeldbescheid aufrechterhält oder zurücknimmt (den Bescheid also aufhebt). In der Regel hält die Behörde den Bescheid aufrecht und schickt die Akte an die Staatsanwaltschaft, die ihrerseits eine eigene Prüfung der Sache durchführt. In der Regel ändert die Staatsanwaltschaft die Meinung der Behörde nicht und es bleibt bei der Aufrechterhaltung des Bußgeldbescheids, so dass die Akte dann dem zuständigen Amtsgericht vorgelegt wird. Nun prüft das Amtsgericht seine Zuständigkeit und die Zulässigkeit des Einspruchs. Wenn das Gericht dazu kommt, dass der Einspruch zulässig ist und ein hinreichender Tatverdacht gegeben ist, kommt es zum Hauptverfahren.
Hauptverfahren
Die Ordnungswidrigkeit wird nun vor dem Amtsgericht verhandelt. In der Regel entscheidet das gericht nach Durchführung einer Hauptverhandlung durch Urteil, ob der Betroffene freigesprochen wird oder aber ob er verurteilt wird. Es gibt wenige Ausnahmefälle, wo das Gericht auch ohne Hauptverhandlung durch Beschluss entscheiden kann; dann hat es nach § 72 Abs. 1 OWiG den Betroffenen und auch die Staatsanwaltschaft auf diese Vorgehensweise hinzuweisen und gibt Gelegenheit zur Stellungnahme.
Das Gericht kann auch noch im Hauptverfahren das Verfahren nach § 47 Abs. 2 OWiG einstellen. Es gilt weiterhin der oben genannte Opportunitätsgrundsatz. Ansonsten entspricht der Ablauf einer solchen Hauptverhandlung im Großen und Ganzen dem einer strafgerichtlichen Hauptverhandlung nach den Regeln der StPO.
Der Betroffene hat - wie auch schon im Vorverfahren - das Recht, sich vor Gericht zum Vorwurf zu äußern. Er kann auch weiterhin schweigen oder eine Erklärung über seinen Rechtsanwalt abgeben lassen. Das Gericht hat von Amts wegen den wahren Sachverhalt aufzuklären, so dass häufig eine Beweisaufnahme notwendig sein wird und anhand von Zeugenaussagen, Inaugenscheinnahme von Beweismitteln und der Anhörung von Gutachtern und Sachverständigen die Wahrheit ermittelt werden soll.
Gegen das Urteil des Amtsgerichts steht dem Betroffenen das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde unter den strengen Voraussetzungen des § 79 OWiG zu. Gemäß § 79 Abs. 3 OWiG sind auf die Rechtsbeschwerde die Vorschriften über die Revision entsprechend anzuwenden, so dass die Frist für die Einlegung der Rechtsbeschwerde 1 Monat nach Zustellung des Urteils beträgt. Die Sache wird dann von der höheren Gerichtsinstanz überprüft, zudem wird die Hemmung des Eintritts der Rechtskraft bewirkt.
Zusammenfassung Ablauf des Bußgeldverfahren
- Zuerst ermittelt die zuständige Verwaltungsbehörde das Delikt und ahndet es in der Regel anschließend in Form eines Bußgeldbescheides. Alternativ kann die Behörde das Verfahren auch einstellen.
- Im zweiten Abschnitt, dem Zwischenverfahren, entscheidet die Verwaltungsbehörde selbstständig über einen eventuellen Einspruch des Betroffenen. Es kann dem Einspruch stattgeben und den Bescheid aufheben oder aber es gibt den Fall an die Staatsanwaltschaft weiter (ist der Regelfall in der Praxis), die es wiederum an das zuständige Gericht weiterleitet.
- Der dritte Abschnitt ist das gerichtliche Verfahren. Auch hier kann das Verfahren gegen den Betroffenen nach wie vor vom Gericht eingestellt werden. Allerdings kann es auch zu einer Verurteilung oder gar einem Freispruch kommen. In erster Instanz wird das Amtsgericht tätig, bei Rechtsbeschwerden schließlich das Oberlandesgericht.
Einspruch / Frist
Nach Erlass des Bußgeldbescheides hat der Betroffene das Recht gegen den Bescheid Einspruch einzulegen. Die Frist für den Einspruch beträgt 2 Wochen ab Zustellung. In der Regel wird der Bescheid per gelber Postzustellungsurkunde zugestellt und das Datum der Zustellung darauf handschriftlich vermerkt. Man sollte also stets dieses Datum im Auge haben, um noch fristgerecht Einspruch einzulegen. Wenn man bereits anwaltlich vertreten ist, wird der Bußgeldbescheid dem Rechtsanwalt zugestellt; entweder auch per gelber Zustellungsurkunde oder gegen Empfangsbekenntnis.
Wenn man gegen den Bußgeldbescheid keinen Einspruch einlegt, wird der Bescheid rechtskräftig. Erst danach erhält man von der zuständigen Behörde die Zahlungsaufforderung, im Falle, dass ein Bußgeld verhängt wurde.
Verjährung
Eine Ordnungswidrigkeit, die im Höchstmaß von bis zu 1.000 Euro bedroht ist, verjährt innerhalb von sechs Monaten (§ 31 Abs. 2 Nr. 4 OWiG). Wenn es um eine Ordnungswidrigkeit geht, die im Höchstmaß mehr als 1000 Euro beträgt, verjährt diese erst in drei Jahren. Ordnungswidrigkeiten nach § 24 StVG, die begangen wurden, verjähren sogar schon nach 3 Monaten, solange kein Bußgeldbescheid erlassen wurde oder öffentliche Klage erhoben wurde. Andernfalls beträgt die Verjährungsfrist 6 Monate.
Wenn die Verjährungsfrist abgelaufen ist, kann die Ordnungswidrigkeit nicht mehr verfolgt werden. Die Verjährungsfrist beginnt übrigens, sobald die zur Ordnungswidrigkeit führende Handlung beendet ist. Wenn also erst der Eintritt des Erfolges zur Ordnungswidrigkeit führt, beginnt auch die Verjährung erst in diesem Zeitpunkt zu laufen. Unterbrochen wird die Verjährung übrigens, wenn bereits bestimmte Ermittlungsmaßnahmen stattfinden (z.B. Vernehmung des Betroffenen). In diesem Fall beginnt die Verjährung neu zu laufen.
Bußgeldverfahren - Kosten
Wenn man eine Ordnungswidrigkeit begeht, erhält man in der Regel dafür ein Verwarnungsgeld oder gar ein Bußgeld. Neben der reinen Geldbuße fällt beim Bußgeldbescheid auch noch eine Gebühran, die vom Betroffenen zu tragen ist. Wenn es lediglich zu einem Verwarnungsgeld kommt und man dieses fristgerecht zahlt, kommen keine weiteren Gebühren hinzu. Wenn man jedoch die Frist versäumt, erlässt die Behörde einen Bußgeldbescheid, wofür dann ca. 20 bis 25 Euro Verwaltungsgebühren und 3,50 Euro Auslagen anfallen.
Wenn man sich gegen den Vorwurf wehrt und im Ergebnis erfolgreich ist, sprich dass der Bescheid aufgehoben wird, fallen keine Gebühren und Auslagen an. Auch wenn das Verfahren erst vor Gericht eingestellt wird oder man gar freigesprochen wird, hat man keine Kosten zu übernehmen. Sämtliche Kosten hat dann die Staatskasse zu übernehmen. Wenn man jedoch anwaltlich vertreten ist und es zu einer Einstellung kommt, hat man die Kosten des Rechtsanwalts selbst zu tragen. Anders sieht das aus, wenn man freigesprochen wird. In diesem Fall hat die Staatskasse auch die Kosten des Rechtsanwalts zu übernehmen.
Ratsam ist auf jeden Fall der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung, die auch den Bereich Ordnungswidrigkeiten abdeckt. In der Regel reicht schon der Abschluss einer sogenannten Rechtsschutzversicherung für den Bereich "Verkehr" aus. Die Rechtsschutzversicherung übernimmt dann die Kosten für den Rechtsanwalt und vor allem auch Gerichtskosten, Gutachterkosten und Auslagen, im Falle dass man verurteilt wurde.
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